Kommentar
Ende der Ära Trump Handeln müssen jetzt die Republikaner
Stand: 10.01.2021 16:07 Uhr
Ein weiteres Amtsenthebungsverfahren riecht nach Rache und ist nicht der richtige Weg, Trump loszuwerden. Vor allem die Republikaner müssen jetzt das Land vor weiterem Schaden bewahren.
Ein Kommentar von Katrin Brand, ARD-Studio Washington
Here we go again. Da sind wir also wieder. Die Demokraten bereiten ein Impeachment-Verfahren gegen US-Präsident Donald Trump vor. Und wieder fühlt es sich gleichzeitig richtig und falsch an.
Richtig, weil Donald Trump Dinge getan hat, für die er bestraft werden muss. Seit Monaten lügt er die Amerikaner an und stachelt sie auf. Es gibt keine Hinweise auf großflächigen Wahlbetrug, 50 Bundesstaten haben gezählt und geprüft und versichert, dass bei ihnen alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Gerichte bestätigten das.
Minister und Beamte unter Druck gesetzt
Doch Trump behauptet unverdrossen, dass ihm die Wahl gestohlen wurde, und er fordert seine 75 Millionen Wähler auf, das Ergebnis nicht zu akzeptieren. Er setzte Minister und Beamte unter Druck, das Wahlergebnis zu fälschen. Er rief zu einer "wilden" Demonstration in Washington auf und wies den Weg in Richtung Kapitol. Er wird das Weiße Haus räumen, ja, aber weiter kämpfen.
Das sieht sehr nach Verrat aus, richtig. Dieser Mann ist gefährlich und muss sein Amt sofort verlassen. Aber ein zweites Impeachment-Verfahren? Ist aus vielen Gründen nicht der richtige Weg. Die Demokraten wollen ihn wegen "Anstiftung zum Aufstand" verurteilen, aber können sie das tatsächlich beweisen? Schon beim ersten Verfahren fehlte ihnen die "smoking gun", die die öffentliche Meinung überzeugt hätte.
Zweidrittelmehrheit im Senat benötigt
Wenn sie das Verfahren zudem in Eile vorantreiben, könnte der Eindruck entstehen, dass Trump sich gar nicht verteidigen kann. Und auch diesmal werden die Demokraten ihn nur mit ihrer Mehrheit im Abgeordnetenhaus verurteilen können, nicht aber im Senat, wo sie eine Zweidrittelmehrheit brauchen.
Das alles riecht nach Rache, und wird die Amerikaner nicht überzeugen. Und der künftige Präsident Joe Biden, der das Land wieder einen will, hat recht, wenn er vor diesem Weg zurückschreckt.
Auch der Versuch, den Präsidenten für "unfit" erklären zu lassen, muss scheitern. Donald Trump besitzt nicht die moralische oder psychische Stärke, dieses Land zu regieren. Aber es sind Vizepräsident Mike Pence und Trumps Minister, die ihren Chef absetzen müssten. Und dazu sind sie nicht bereit.
Republikaner müssen sich entscheiden
Die Demokraten in ihrer berechtigten Sorge und Wut sind bis zum Amtsantritt von Joe Biden nur die Zuschauer beim Drama um Amerika. Es sind die Republikaner, die das Land vor Schaden bewahren müssen. Trump zum Rücktritt zwingen und ihn von einer erneuten Kandidatur abhalten, das ist der erste Schritt.
Und dann müssen sie sich entscheiden: Wollen sie beim Trumpismus ohne Trump bleiben? Also antidemokratisch, populistisch, nationalistisch, ausgrenzend? Oder wollen sie den Amerikanern ein neues Angebot machen: konservativ, wirtschaftsfreundlich, staatsfern, aber für alle?
An dieser Weggabelung haben sie schon öfter gestanden. Eine Zukunft mit Donald Trump sollten sie aber klar und für immer ausschließen.
Kommentar: Das Ende der Ära Trump
Katrin Brand, ARD Washington
10.01.2021 15:26 Uhr
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