
Bundesverfassungsgericht Kein generelles Demonstrationsverbot
Stand: 16.04.2020 15:55 Uhr
Die Corona-Maßnahmen schränken zahlreiche Grundrechte stark ein, so auch die Versammlungsfreiheit. Was, wenn man dagegen demonstrieren will? Das muss grundsätzlich möglich sein, meint das Bundesverfassungsgericht.
Von Klaus Hempel, ARD-Rechtsredaktion
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss deutlich gemacht, dass pauschale Verbote von Demonstrationen nicht verfassungskonform sind.
Im konkreten Fall hatte die Stadt Gießen zwei Versammlungen verboten, die unter dem Motto "Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen - Schutz vor Viren, nicht vor Menschen" angemeldet worden waren. Sie sollten heute und morgen in der Innenstadt stattfinden. Der Veranstalter gab an, dass die Zahl der Teilnehmer auf etwa 30 Personen begrenzt werde. Ein ausreichender Abstand zwischen den Teilnehmern werde gewährleistet.
Die Stadt verbot die Demonstrationen. Begründung: Nach der hessischen Corona-Verordnung seien Versammlungen von mehr als zwei Personen, die nicht dem gleichen Hausstand angehören, generell verboten. Der Veranstalter legte Widerspruch ein. Dieser wurde vom hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.
Einzelfall nicht hinreichend geprüft
Das Bundesverfassungsgericht hob diese Entscheidung nun auf. Die hessische Verordnung enthalte kein generelles Verbot von Versammlungen von mehr als zwei Personen. Vor einem Verbot müssten alle Umstände des Einzelfalls und damit auch die zugesicherten Schutzmaßnahmen hinreichend geprüft werden. Dies sei nicht geschehen. Damit habe die Stadt Gießen den Antragsteller offensichtlich in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt.
Gießen reagierte umgehend auf die Karlsruher Entscheidung: Die Versammlung sei jetzt zugelassen, sagte Bürgermeister Peter Neidel. Man habe die Kundgebung auf eine Stunde und die Teilnehmerzahl auf maximal 15 begrenzt. Alle Demonstranten müssten einen Mundschutz tragen und mindestens 1,5 Meter Abstand zueinander halten.
BVerfG: Versammlungsverbot in Gießen aufgehoben
Klaus Hempel, SWR
16.04.2020 14:56 Uhr
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