
Bundesverfassungsgericht "Containern" kann strafbar sein
Stand: 18.08.2020 10:58 Uhr
Wer Lebensmittel aus dem Müll eines Supermarktes fischt, begeht Diebstahl. Die Urteile aus Vorinstanzen hat jetzt das Bundesverfassungsgericht bestätigt, mahnte aber gleichzeitig eine politische Entscheidung an.
Menschen, die Lebensmittel vor dem Wegwerfen retten wollen, müssen weiter damit rechnen, als Diebe verurteilt zu werden. Zwei Studentinnen aus Oberbayern hatten Verfassungsbeschwerde gegen Urteile in Vorinstanzen eingelegt, sind aber in Karlsruhe erneut gescheitert.
Der Gesetzgeber dürfe grundsätzlich auch das Eigentum an wirtschaftlich wertlosen Sachen strafrechtlich schützen, teilten die obersten Richter mit. (Az. 2 BvR 1985/19)
Sozialstunden und Geldstrafe
Die jungen Frauen hatten nachts in Olching bei München Obst, Gemüse und Joghurt aus dem Müll eines Supermarktes gefischt. Mit dem "Containern" wollten sie dagegen protestieren, dass Geschäfte massenweise noch genießbare Lebensmittel wegwerfen.
Weil der Container verschlossen zur Abholung bereitstand, hatte das Amtsgericht Fürstenfeldbruck die Studentinnen im Januar 2019 wegen Diebstahls zu jeweils acht Sozialstunden sowie einer Geldstrafe von 225 Euro auf Bewährung verurteilt. Das Bayerische Oberste Landesgericht bestätigte dieses Urteil im Oktober.
Unterstützt von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) legten die Frauen im November 2019 Verfassungsbeschwerde gegen ihre Verurteilung wegen Diebstahls ein.
Lebensmittel-Initiative scheiterte
Der Beschwerde widersprach das Bundesverfassungsgericht: Die Auslegung der Fachgerichte verstoße weder gegen das Willkürverbot noch sei ihre Beweisführung verfassungsrechtlich zu beanstanden, erklärten die Richter. Sie mahnten aber gleichzeitig eine politische Entscheidung an: Es sei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen.
"Containern" als Mittel im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung ist politisch umstritten. Im Sommer 2019 war auf der Justizministerkonferenz der Länder eine Initiative Hamburgs gescheitert, es straffrei zu stellen
Az. 2 BvR 1985/19
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