Kommentar
TV-Duell zwischen Trump und Biden Außer Manieren wenig Neues
Stand: 23.10.2020 12:32 Uhr
Das TV-Duell zwischen Trump und Biden dürfte keinen Wähler mehr umgestimmt haben. Zwar ging es manierlicher zu, doch die Kandidaten spulten das bekannte Programm ab - inklusive mutmaßlicher E-Mail-Affäre.
Von Antje Passenheim, ARD-Studio New York
Auch mit mehr Manieren: Ein Wendepunkt oder "Game Changer" war diese Debatte nicht. Präsident Donald Trump braucht dringend einen Sieg. Ihm ist klar, dass ihm der Rambo-Auftritt im ersten Rededuell geschadet hat. Und sein Herausforderer Joe Biden liegt in Umfrageergebnissen immer weiter vorn.
Mit viel Schweiß auf der Stirn hatte sich der Präsident deshalb auch nahezu im Griff. Es ging um viel: Zwölf Minuten ungestörte Redezeit für jeden zwölf Tage vor der Wahl, garantiert durch eine Notbremse in Form der Schweigetaste - eine letzte Bühne vor Hunderttausenden Wählern, die ein Blatt noch wenden kann. Doch beide Kandidaten nutzten sie für dieselben Skripte, die schon alle kennen, für teils dieselben Lügen.
Trump, der Underdog
Und Trump setzte sogar auf dieselbe Taktik, die ihm vor vier Jahren den überraschenden Last-Minute-Sieg über die vorn liegende Hillary Clinton brachte. Er stellte sich wieder als Underdog dar, der kein Geld von der Wall Street für seinen Wahlkampf nimmt, der unfair von den Steuerbehörden gejagt wird, der das Establishment nicht mag.
Und das größte Déjà-vu: Es gibt wieder eine mutmaßliche E-Mail-Affäre. Diesmal nicht Clintons, sondern Bidens. Besser gesagt die von dessen Sohn Hunter, der angeblich in korrupte Geschäfte mit der Ukraine verwickelt ist und den Ex-Vizepräsidenten da mit reingezogen hat.
Doch diese Probleme dürften Trump nicht die Stimmen der Frauen in den Vorstädten bringen, die er angesichts von 223.000 Corona-Toten so dringend braucht, angesichts von schlechten Wirtschaftsdaten und einem maroden Arbeitsmarkt. Trumps vier Jahre alte Strategie wirkt abgenutzt, denn er ist nicht mehr der Außenseiter, sondern der Amtsinhaber, der an seinen Leistungen gemessen wird.
Kein entscheidendes Duell
Und die größte Missleistung hat Biden ihm ins Gesicht geschleudert: Niemand, der für so viele Todesfälle verantwortlich ist, dürfe Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben. Gegenüber Trump stellte Biden sich als Ehrenmann da. Wissenschaft stelle er über Fiktion.
Doch für einen schwungvollen Spurt hat auch Biden das Ausreden nicht genutzt. Schweigetasten bringen zwar ein wenig mehr Ruhe in ein Rededuell, mehr Substanz bringen sie aber nicht. Dieses Duell hat sicher keine Wähler mehr umgestimmt. Dafür hat es noch einmal die Trostlosigkeit dieser Präsidentschaftswahl zum Vorschein gebracht.
Kommentar: Ein Gamechanger war dieses Präsidentschafts-Duell nicht
Antje Passenheim, ARD New York
23.10.2020 07:38 Uhr
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