
Neues Gesetz in der Türkei Hilfspolizisten künftig mit Schusswaffe
Stand: 11.06.2020 14:39 Uhr
Die mehr als 20.000 Hilfspolizisten in der Türkei dürfen künftig Schusswaffen tragen und Fahrzeuge kontrollieren. Das beschloss das Parlament. Die Opposition befürchtet eine AKP-treue Miliz durch die Hintertür.
Das türkische Parlament hat die Befugnisse der Hilfspolizei ausgeweitet, die vor allem abends und nachts in Wohnvierteln patrouillieren. Die auch als "Wächter" oder "Nachtadler" bezeichneten Ordnungskräfte dürfen nun Schusswaffen tragen und anwenden, Fahrzeuge anhalten, Ausweise kontrollieren und Leibesvisitationen vornehmen, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Die Ausbildungszeit beträgt laut Regierung drei Monate.
Die Hilfspolizisten dürften bis zum Eintreffen der Polizei Maßnahmen ergreifen, um Proteste und Märsche zu verhindern, die die öffentliche Ordnung störten. Verhaftungen und Verhöre sind ihnen aber nicht gestattet. Die "Wächter" unterstehen genau wie Polizei und Gendarmerie dem Innenministerium.
Mehr als 20.000 Hilfspolizisten
Eine ähnliche Institution hatte es bereits bis 2008 gegeben, die sich auf Wurzeln im Ottomanischen Reich beruft. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte nach dem Putschversuch von 2016 die Wiederbelebung verkündet, die ersten Einsätze gab es dann 2017.
Inzwischen sind nach Angaben des Innenministers landesweit mehr als 20.000 Hilfspolizisten im Einsatz. Nach Angaben eines Abgeordneten der Regierungspartei AKP sollen es zukünftig bis zu 30.000 sein.
HDP beklagt "unbegrenzten Befugnisse"
Die Opposition sieht die Entwicklung großer Sorge. Nihat Yesil, Abgeordneter der größten Oppositionspartei CHP, warf der AKP vor, eine eigene Miliz zu gründen.
Die pro-kurdische Oppositionspartei HDP kritisierte die "unbegrenzten Befugnisse". Der HDP-Abgeordnete Omer Faruk Gergerlioglu verwies darauf, dass die Hilfspolizisten während der Ausbildung nur einige Stunden über Menschenrechte aufgeklärt würden. Das Gesetz zur Hilfspolizei sei nicht dazu da, die Menschen oder Städte zu schützen, das Gesetz schütze vielmehr den Staat vor seinen Bürgern.
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