
Schulstart in Frankreich Maske, Abstand und viele Sorgen
Stand: 01.09.2020 12:36 Uhr
Frankreich verzeichnet derzeit mehrere Tausend Corona-Fälle täglich. Dennoch startet heute das neue Schuljahr - mit strengen Hygieneregeln und einer Maskenpflicht ab elf Jahren. Die Sorge aber bleibt.
Von Marcel Wagner, ARD-Studio Paris
Auf dem Spielplatz im Parc Monceau im Herzen von Paris lässt sich am Abend der bevorstehende Schulanfang auch ohne Kalender ablesen: Mehr als 40 Kinder hangeln in der kleinen Kletterspinne, die Schlange an der einzigen Schaukel ist gut zehn Meter lang, an der Rutschbahn herrscht Stau.
Benoit hat mit seinen drei Grundschulkindern kapituliert: "Ich hoffe, das sieht morgen nicht genauso aus", sagt der Familienvater mit Blick auf den Schulstart. "Ich hatte ihnen den Spielplatz versprochen, aber da sind wirklich viel zu viele Menschen. Ich hoffe, morgen gibt es an den Eingängen etwas mehr Sicherheitsmaßnahmen."
Sorge wegen Neuinfektionen
Benoit macht sich wie viele Eltern und vor allem auch Lehrer in Paris durchaus Sorgen. Die Zahl der Neuinfektionen liegt aktuell bei mehr als 130 pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tage, ganz Paris gilt als Risikozone.
Wer hier, in der dichtbesiedelsten Stadt Europas, Kinder hat, der kennt die Menschentrauben, die sich morgendlich auf den engen Gehwegen vor den Schulgebäuden drängen. Und der weiß auch, wie eng die Kinder in den Klassenräumen und auf den Pausenhöfen zusammen hocken.
Deutliche Botschaft vom Bildungsminister
Doch die Botschaft, die Frankreichs Bildungsminister Jean-Michel Blanquer gesendet hat, ist unmissverständlich:
"Ohne Schule verstärken sich die schulischen und die sozialen Ungleichheiten. Kinder lernen nicht mehr, in der Gemeinschaft zusammenzuleben. Von daher ist es ganz klar, dass alle Kinder in Frankreich zurück in die Schule kommen müssen."
Frankreich verschärft Hygiene-Vorschriften wegen steigender Corona-Infektionen
tagesschau 17:00 Uhr, 01.09.2020, Friederike Hofmann, ARD Paris
Ab elf Jahren generell mit Maske
Um das zu erreichen, setzt die Regierung auf eine Mischung aus strikten Regeln und gleichzeitig Erleichterungen. So müssen alle Lehrkräfte und Schüler über elf Jahren generell Masken tragen, auch im Unterricht. Strenge Hygieneregeln und regelmäßiges Lüften sind vorgeschrieben. Doch wo Abstands- oder Lüftungsregeln etwa aus baulichen Gründen nicht eingehalten werden können, soll trotzdem unterrichtet werden.
Kritik von Ärtzen und Lehrervertretern
Auch der Forderung einiger Mediziner, die Masken bereits für Kinder ab sechs Jahren zur Pflicht zu machen, ist die Regierung nicht nachgekommen. Manche Lehrervertreter werfen der Regierung daher vor, keine klare Linie zu verfolgen und Lehrkräfte einem Risiko auszusetzen.
Benoit, der Familienvater aus dem Parc Monceau in Paris, kann die Position der Regierung bei aller Sorge trotzdem nachvollziehen:
"Ich verstehe schon, dass die Kinder nicht ihr Leben lang zu Hause bleiben und für immer Heimunterricht machen können. So gesehen verstehe ich die Regierung auch, wenn sie die Kinder wieder in die Schule schickt, selbst wenn es eine zweite Welle gibt."
Jeanne, seine Tochter, ist in jedem Fall froh, dass es nach mehr als acht Wochen Ferien endlich wieder losgeht. Und wäre sogar bereit, dafür eine Maske zu tragen: "Ich trage sie ja auch schon manchmal, wenn wir in Geschäften sind. Mich stört das nicht", meint die Achtjährige.
Schulstart in Frankreich: Maske auf und durch!
Marcel Wagner, ARD Paris
01.09.2020 11:14 Uhr
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