
Monsun in Pakistan Millionenstadt Karatschi unter Wasser
Stand: 28.08.2020 11:18 Uhr
Dutzende Tote, zerstörte Häuser, überschwemmte Verkehrswege: Die pakistanische Metropole Karatschi leidet unter dem heftigsten Monsun seit Jahrzehnten. Viele Bewohner kritisieren die Stadtverwaltung.
Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Studio Südasien
Seit Wochen regnet es in Pakistan. Der Monsun ist in diesem Jahr so heftig wie seit Jahrzehnten nicht. Weite Teile der Millionenstadt Karatschi stehen unter Wasser. Alle wichtigen Verkehrsverbindungen seien überflutet, berichtet das pakistanische Fernsehen.
Verzweifelt versuchen die Bewohner der tief liegenden Regionen der Hafenstadt, ihr Hab und Gut zu retten. In den Häusern steht das Wasser meterhoch. Hunderte Familien mussten in Sicherheit gebracht werden. Die Armee ist im Einsatz, um die Betroffenen mit Lebensmitteln, Trinkwasser und anderen Hilfsgütern zu versorgen.
Menschen sterben durch Stromschläge im Wasser
"Seit dem letzten Freitagsgebet regnet es ununterbrochen. Unsere ganze Einrichtung ist zerstört", sagt Bewohnerin Khairnissa Begum. "Wir haben seit Tagen kein Trinkwasser mehr und auch keinen Strom. Mein Mann ist gelähmt und kann nicht laufen, wir sind völlig hilflos. In unserem Haus steht überall das Wasser und so versuchen wir jetzt, auf dem Dach unser Leben zu retten."
Dutzende Menschen sind bereits gestorben. Unterschiedlichen Angaben zufolge gibt es über 90 Tote. Genaue Zahlen und offizielle Bestätigungen liegen allerdings noch nicht vor. Viele Bewohner sind offenbar durch Stromschläge im Wasser ums Leben gekommen.
Kritik an der Stadtverwaltung von Karatschi
Die Behörden machen den Klimawandel und die ungewöhnlich starken Regenfälle in diesem Jahr für die Misere verantwortlich. Noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnung habe es in Karatschi so viel geregnet, sagt der Chef des pakistanischen Wetterdienstes, Sardar Sarfaz. Und der Monsun ist noch nicht zu Ende. Der meteorologische Dienst hat auch für die nächsten Tage heftige Regenfälle vorhergesagt.
Unterdessen gerät die Stadtverwaltung von Karatschi in die Kritik. Die überwiegende Mehrheit der Bewohner lebt in Slums, die Entwässerungssysteme sind schlecht ausgebaut und die Kanalisation der Millionenstadt ist mit Abfall verstopft. Viele Einwohner werfen der Stadtverwaltung vor, nicht genug dafür zu tun, die Abwassersysteme freizuhalten.
Viel Müll landet in der Kanalisation
Auch die Studentin Arshia Ahmed ist erbost: "Durch den Klimawandel hat sich das Wetter total verändert. Früher gab es kleinere Regenfälle, das hat niemanden gestört. Aber jetzt regnet es während des Monsun sehr stark - und die Behörden reagieren überhaupt nicht", sagt sie. "Wir verlangen, dass die Regierung endlich etwas tut und die Abwasserkanäle freihält."
Wie die pakistanische Tageszeitung "Dawn" berichtete, fallen täglich bis zu 13.000 Tonnen Müll in Karatschi an. Ein großer Teil davon lande in der Kanalisation. Der Bürgermeister der Stadt, Waseem Akhtar, warf der Regierung der Provinz Sindh vor, im letzten Jahr keine Mittel für die Säuberung der Abwasserkanäle bereit gestellt zu haben.
Pakistanischen Medienberichten zufolge hat die weit verbreitete illegale Bebauung entlang der Abwasserkanäle das Problem verstärkt. Tausende Wellblechhütten und provisorische Behausungen sind in den vergangenen Jahren in Gebieten errichtet worden, die dafür eigentlich nicht vorgesehen sind.
Pakistan: Überflutung in Karatschi
Bernd Musch-Borowska, ARD Neu-Delhi
28.08.2020 12:25 Uhr
Audio
Aus dem Archiv
Weitere Meldungen aus dem Archiv vom 28.08.2020
- Alle Meldungen vom 28.08.2020 zeigen