EU-Impfstrategie "Haben gekauft, was möglich war"
Stand: 12.01.2021 16:31 Uhr
Zu intransparent, zu zögerlich - die Kritik an der Impfstrategie der EU fällt hart aus. Nun dürfen die EU-Parlamentarier die Verträge mit den Pharmafirmen einsehen. Mehr Impfstoff soll es ab April geben.
Von Matthias Reiche, ARD-Studio Brüssel
Seit Monaten hatte das Europäische Parlament mehr Transparenz bei den Impfstoffgeschäften der Kommission gefordert. Die Abgeordneten drohten sogar einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Und nun können sie sich tatsächlich über Details der Vereinbarungen mit den Pharmafirmen informieren.
Die Leiterin der zuständigen Generaldirektion Gesundheit, Sandra Gallina, bestätigte, dass Parlamentarier oder deren Mitarbeiter die Verträge in einem speziellen Lesesaal im EU-Parlament einsehen dürfen. "Wir als Kommission haben überhaupt kein Problem mit der Transparenz", sagte sie. Aufzeichnungen können allerdings nicht gemacht werden, auch Mobiltelefone sind nicht erlaubt.
Wer übernimmt Haftung?
Zu den vielen offenen Fragen gehört, ob bei Nebenwirkungen die EU oder der Hersteller die Haftung übernimmt. So wollte der US-amerikanische Hersteller Pfizer, der den BioNtech-Impfstoff zunächst allein produziert, dass die Gegenseite faktisch alle Risiken trägt.
Anders als Großbritannien wollte sich die EU darauf nicht einlassen, und bestand auf das europäische Recht, wonach die Firmen für Fehler an ihren Produkten und daraus entstandene Schäden haften. Die europäische Form der Haftung sei ein sehr wichtiger Punkt der Verhandlungen gewesen, so die EU-Chef- Verhandlerin Gallina.
Sichtlich genervt
Fast zwei Stunden stellte sich die Gesundheitsgeneraldirektorin den Fragen. Sichtlich genervt war sie über immer wieder vorgebrachte Vorwürfe, die EU-Kommission habe nicht genug Impfstoffe gekauft. "Wir haben so viel gekauft, wie wir kaufen konnten. Sie müssen sich da einfach mal das Angebot zu einem bestimmten Zeitpunkt anschauen. Das hat ja auch mit dem Preis zu tun, und den Liefermöglichkeiten."
Zu Beginn der Verhandlungen, hätten die Unternehmen beispielsweise von sehr viel längeren Lieferfristen gesprochen. "Wenn ich Milliarden Dosen kaufe, die nicht geliefert werden können. Was bringt das denn?", so Gallina. Außerdem habe auch der Preis eine Rolle gespielt. Die Impfstoffe sollten bezahlbar für die europäischen Gesundheitssysteme sein.
Hoffnung auf Impfstoff-Nachschub
So wird mit dem vom britisch-schwedischen Hersteller AstraZeneca hergestellten Serum wahrscheinlich schon zum Monatsende ein äußerst preiswertes Präparat in Europa zugelassen. Auch deshalb werde sich die Impfstoffsituation im zweiten Quartal deutlich entspannen.
EU-Parlament: Fragestunde zur Impfstoffstrategie der Kommission
Matthias Reiche, ARD Berlin
12.01.2021 15:40 Uhr
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