
Brexit-Debatte bei EU-Gipfel Kein Abkommen "um jeden Preis"
Stand: 15.10.2020 18:31 Uhr
Das Programm des EU-Gipfels ist voll: Neben Klimaschutz und Corona stand erneut der Brexit im Vordergrund. Bundeskanzlerin Merkel betonte die Wichtigkeit eines fairen Abkommens - aber nicht um jeden Preis.
Von Astrid Corall, ARD-Studio Brüssel
Der britische Premierminister Boris Johnson hatte für den heutigen 15.Oktober eigentlich eine Deadline gesetzt. Bis heute wollte er ein Handelsabkommen mit der EU. Doch das ist auch zweieinhalb Monate vor Ende der Brexit-Übergangsphase immer noch nicht in Sicht.
Johnson ist mittlerweile von seiner Frist abgerückt. Er will erst nach dem Gipfel in Brüssel entscheiden, wie es weitergeht. Dort, in der belgischen Hauptstadt, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass die EU zwar ein Abkommen wolle, "aber natürlich nicht um jeden Preis".
"Sondern es muss ein faires Abkommen sein, von dem beide Seiten profitieren können. Aber es lohnt sich alle Mühe."
Wie die EU den Brexit-Deal mit Großbritannien doch noch retten will
tageshemen 22:15 Uhr, 15.10.2020, Gudrun Engel, ARD Brüssel
Der alte Streit um die Fischer
Es sind die altbekannten Punkte, über die beide Seiten weiterhin streiten: über gleiche Wettbewerbsbedingungen wie Sozial- und Umweltstandards. Oder darüber, welchen Zugang Fischer aus EU-Staaten künftig zu britischen Gewässern haben. Diese Frage, das merkte man Präsident Emmanuel Macron deutlich an, ist gerade für Frankreich sehr wichtig. Auch er warnte die britische Regierung, dass es keine Einigung um jeden Preis geben werde:
"Auf keinen Fall werden unsere Fischer die Opfer des Brexit sein. Wir haben den Brexit nicht gewählt, das war die Entscheidung des britischen Volkes. Unseren Fischern den Zugang zu britischen Gewässern zu bewahren, das wäre ein guter Kompromiss. Und ich rede jetzt nicht nur für Frankreich, sondern für alle betroffenen Länder Europas."
Genug Unterstützung für das Klimaziel 2030?
Der Brexit ist zwar heute das Hauptthema, doch die Staats- und Regierungschefs haben noch etliche andere Punkte zu besprechen. Den Klimaschutz zum Beispiel. Elf Länder hatten vor dem Gipfel erklärt, sie unterstützen das Klimaziel der EU-Kommission für 2030. Bis dahin soll der Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent reduziert werden.
Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven befand, man müsse den Kampf gegen den Klimawandel verstärken. Das 55-Prozent-Ziel sei ein wichtiges Signal, um für eine nachhaltige Zukunft zu sorgen.
Deutschland gehört zwar nicht zu den Unterzeichnern der Erklärung. Das heißt aber nicht, dass Kanzlerin Merkel sich gegen das Klimaziel stellt. Im Gegenteil. Sie betonte, es sei wichtig, "dass wir bis Dezember eine Vereinbarung erreichen unter den Mitgliedstaaten". Sie versicherte Deutschland werde das Klimaziel für 2030 unterstützen.
Geeint gegen Corona-Pandemie
Ehrgeizigere Klimaziele werden allerdings in manchen Ländern kritisch gesehen. Sie halten sie für nicht machbar. Dazu zählen Bulgarien und Polen, das stark von Kohle abhängig ist. Dessen Ministerpräsident Mateusz Morawiecki ist beim Gipfel nicht dabei. Der Grund: Er ist in Quarantäne, weil er Kontakt mit einem mit Corona infizierten Beamten hatte.
Über die Pandemie diskutieren auch die Staats- und Regierungschefs. Sie wollen sich darüber austauschen, wie sie ihre Corona-Maßnahmen besser koordinieren können.
Auftakt des EU-Gipfels in Brüssel
Astrid Corall, ARD Brüssel
15.10.2020 16:57 Uhr
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